Otto Friedrich Ludwig Wesendonck
* 16.03.1815 in Elberfeld
18.11.1896 in Berlin
Kaufmann, Kunstsammler und Kunstmäzen
"Ihre Verfügungen, bester Freund,
sind vortrefflich: von Herzen danke ich dafür!"
Nach einem Ölbild von Julius Roeting, 1860 |
Lebensstationen
seit 15. Jh. |
Stammbaum der Familie Wesendonk |
16. - 18. Jh. |
Sie sind angesehene Kaufleute in Xanten (Niederrhein) |
1815 |
Großherzogtum Berg wird preußisch und Elberfeld Sitz eines Landkreises, der aus den Bürgermeistereien Elberfeld und Barmen gebildet wurde |
16.03.1815 |
Otto Friedrich Ludwig Wesendonck wird in Elberfeld (heute Wuppertal) geboren (2. Sohn) Vater: August
Jakob Wesendonck (Geschäftsfreund der Luckemeyers) Schwester: Mathilde Adresse: Kipdorf-Straße, Elberfeld
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Die Familie der Wesendoncks gehörte zur Bürgerschicht Elberfelds (s. a.: Forum / Leserbriefe) Stadtplan von Elberfeld
und Barmen 2010: 400
Jahre Elberfeld |
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06.10.1824 |
Seine Mutter Sophia verstirbt |
um 1833 |
Er reist das erste Mal für ein Elberfelder
Handelshaus nach New York (Amerika) und macht hier seine Ausbildung. |
Anfang des 19. Jahrhunderts schwandt der Schutz durch die preußischen Behörden. Die Monopolstellung der wenigen (z. B.: F. & H. von der Leyen, 1779: 72% aller Krefelder Stühle und Mühlen / 1815: 33%) zerbrach. Neue Seidenmanufakturen gründeten sich. Sein Onkel Johann
Schramm (der Mann seiner Tante Wilhelmina väterlicherseits; s. a.: Hugo
Wesendonck) führte eine Seidenweberei
in Crefeld
- ab 1815/16
Wilhelm
Simons & Gebr. Schramm, ab ca. 1820/23 fortgeführt
in Schramm & Rappard. 1810/11
und 1814/15 kam es zu großen konjunkturellen Schwierigkeiten
in dieser Branche (französische Zeit: 1794 - 1814). Nur wenige
Verlage überlebten.
Krefeld war einmal die Weltmetropole der Seidenmanufaktur. Es ist anzunehmen, dass mit seiner Reise 1833
nach Amerika der Seidenhandel die familiären Unternehmungen
stärken sollte, vor allem gegenüber dem mächtigen
"Seidenbaron" von
der Leyen, der einen großen Anteil am Seidenhandel mit
den USA zu dieser Zeit (nach 1794) hat. Viele Quellen zu Otto
erwähnen eine starke geschäftliche Bindung zu Krefeld.
Es folgen weitere Amerika-Reisen, z. B. 1850 und 1854 sowie Geschäftsreisen in die Seidenstädte Europas (1851).
In
der Hofauer
Straße (auch Hofaue),
der ehemaligen "Hauptstraße des deutschen Konfektionsgewerbes"
(Elberfeld, heute Wuppertal) befand sich seine Firma (Hauptsitz
in New York): Handel mit Seidenstoffen und Kurzwaren (Loeschigk
& Wesendonck, dry goods, 12
Old Slip, New-York).
Er wird ein wohlhabender und angesehener Kaufmann. |
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1838 |
Seine Schwester Mathilde
verstirbt |
15.10.1844 |
Er heiratet, verliert jedoch wenige Monate später
am 8. Dezember seine erste Frau Mathilde,
geb. Eckhardt |
Er läßt sich in Düsseldorf
nieder |
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1847 |
Er lernt Agnes
Luckemeyer auf einer Hochzeit kennen |
1848 |
Verlobung mit Agnes |
19.05.1848 |
Er heiratet in zweiter Ehe Mathilde / Agnes Luckemeyer |
Weiter
zur gemeinsamen Biografie |
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1850 |
Längere Fahrt nach Amerika zu seinem Bruder Hugo
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April 1851 |
Er läßt sich aus geschäftlichen
Gründen in Zürich nieder |
1851 |
Er unternimmt längere Geschäftsreisen zu den bekannten Seidenstädten nach Lyon, Mailand, Krefeld und Livorno |
Seit 1852 |
Er wird ein großzügiger und wohltätiger Förderer Richard Wagners |
Lieber Wesendonck! ... Mein Freund! Die Grossherzogin von Baden
glaubte in meinem P o g n e r , den ich mit besonderer
Wärme las, eine mir wohlthätige Lebenserfahrung zu erkennen,
und forderte mich schliesslich auf, auf einen vorzüglichen
Repräsentanten für diese Rolle bei meinen Austheilungen
zu denken. Tausend gute, aber schwere bange Grüsse von Ihrem Quelle: Wolfgang Golther: Brief 45. In: Briefe Richard Wagners an Otto Wesendonk. 1852 - 1870. Berlin 1905 Briefwechsel Mathilde und Otto Wesendoncks mit Richard Wagner |
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20.05.1852 |
Sein Bruder Moritz
stirbt in Eitorf |
1854 |
Er schenkt Richard
Wagner eine aus Amerika mitgebrachte goldene
Schreibfeder |
Anfang 1855 |
Baubeginn für die Villa auf dem "Grünen
Hügel" (Vorstadt Enge) |
30.05.1857 |
Sein Vater August
Jakob stirbt |
22.08.1857 |
Einzug in die Villa "Wesendonck" |
Er ist ein Kunstliebhaber mit einer prächtigen und kostbaren Gemäldesammlung und Bibliothek
Diese Bücher waren u. a. in seinem Bestand: Humboldt, Wilhelm von (Hrsg.): Briefwechsel zwischen Schiller und Wilhelm v. Humboldt. Mit einer Vorerinnerung über Schiller und den Gang seiner Geistesentwicklung von W. von Humboldt. Stuttgart und Tübingen, Cotta 1830. 492 S., Kl.8° Immermann, Karl: Tulifäntchen. Ein Heldengedicht in drei Gesängen. Illustriert von Theodor Hosemann. Berlin, Hofmann und Comp. 1861. 28 Textholzschnitte, 135 S., 8° Simrock, Karl: Freidanks Bescheidenheit. Ein Laienbrevier. Neudeutsch von Karl Simrock. Stuttgart, Cotta 1867. Illustrationen, XIV, 231 S., Kl. 8° Schrott, J. (Hrsg.): Die Minnelieder Herrn Hildebold's von Schumann. Zum erstenmal übersetzt und mit begleitendem Text herausgegeben von J. Schrott. Augsburg 1871. X, 85 S. Blanc, M. Louis: Révolution francaise. Histoire de dix ans 1830 - 1840. Bruxelles, Leipzig C. Muquardt 1845. Mehrere Bd., Stahlstiche, Gr. 8°. Martin, Henri: Rußland und Europa. Deutsche vom Verfasser durchgesehene und vermehrte Ausgabe. Hannover, Rümpler 1869. XXXII / 455 S., 8°. Steinmann, Friedrich: Geschichte der Revolution in Preußen. Zwölf Bücher preußischer Geschichte für das deutsche Volk. Berlin, Gerhard 1849. 22 Porträt-Tafeln, 712 S., 8°. Klapka, Georges: La Guerre D'Orient en 1853 et 1854 Jusqua la fin de Juillet 1855. Esquisse historique et critique des campagnes sur le danube, en Asie et en crimee avec un coup-d'oeil. Sur les eventualites prochaines. Geneve, Etrangere de Lauffer 1855. 192 S., 8°. Beck, Christian: Chr. Beck's Reisen um die Welt. Fahrten und Abenteuer zu Land und zur See. Dresden, Christians Beck's Selbstverlag 1872. Mit 4 Illustrationen, 1 Stahlstich und 1 Weltkarte. XII, 386 S., 8°.
Rosenkranz, Karl: Göthe und seine Werke. Königsberg,
Gebr. Bornträger 1856. XX, 475 S., 8°. |
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In einem humoristischen Brief an Standhardtner
vom 5. Mai 1862 schreibt Cornelius von einem Empfang bei Wesendonk,
wie ihm "ein Studirzimmer mit seinen Möbeln, Bildern,
Bibliothek, Staffelei, Uhr und Geräthschaften nicht entgegenfunkelte,
sondern dunkelte", wie "sich nun der Königsbürger
vor mir entwickelte, der sein Leben dichtet, wie Wagner seine
Opern, der von Amerika und Italien spricht, wie ich von der Wohnung
meines Hausmeisters", wie er ihm "plötzlich durch
die Wunder seiner grossen roten Mappe zum erstenmal im Leben eine
eigentliche Idee von Raphael gibt". Vornehme, prächtige
und stille Räume tun sich auf, in denen der Hausherr als
edler Kunstfreund waltet. |
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17.08.1858 |
Richard
Wagner gibt sein "Asyl" auf und verläßt
Zürich |
21.07.1859 |
Sein Geschäftspartner William
Loeschigk kehrt aus den USA mit der "Asia"
nach Liverpool zurück (Passagierliste)
und läßt sich in Bonn (Villa
Loeschigk) nieder |
1861 - 1865 |
Der Amerikanische Bürgerkrieg (Sezessionskrieg)
fordert Opfer von seiner Firma, die sich auch gesundheitlich bei
ihm niederschlagen |
Mitte 60er J. |
Er zieht sich von allen Geschäften zurück
und lebt ein freies und unabhängiges Leben |
1867 |
Er wird Mitglied in einem Komitee zur Unterstützung
von Ferdinand
Freiligrath |
01.06.1868 |
Richard Wagner sendet an Otto Wesendonck den
Klavierauszug von den "Meistersingern" mit folgender
Widmung: |
Juni 1868 |
Otto Wesendonck nimmt auf Einladung an der Uraufführung
der "Meistersingen" in München teil (21. und 28.06.1868) |
1872 |
Er verkauft seine Villa auf dem "Grünen Hügel" (heute Museum Rietberg) |
1872 |
Übersiedelung nach Dresden, Wiener Straße 14 |
Am 25.02.1870 wurde das Gründungsstatut der Deutschen Bank bei der preußischen Regierung eingereicht. Nach der Gründung der Bank am 10.03.1870 gehörte der Kaufmann Otto Wesendonck mit dem ansehnlichen Betrag von 68.200 Talern zu den Erstzeichnern. Als eine geplante Kapitalerhöhung publik wurde, wandte er sich erneut an die Bank.
An die Ich sehe in den Blättern, daß Ihre
Bank für 5 Millionen Thaler neue Aktien ausgiebt, die von
den Gründern fest übernommen wären Hochachtend ergebenst Otto Wesendonck Quelle: Deutsche
Bank - Mit freundlicher Genehmigung |
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1878 |
Sie erwerben im Salzkammergut (Österreich)
am Traunsee den Landsitz "Traunblick" für Sommeraufenthalte |
Herbst 1882 |
Übersiedelung nach Berlin W., Thiergartenstr. 16 |
Frühj. 1887 |
Umzug nach Berlin N., In den Zelten 21 |
03.12.1887 |
Sein langjähriger Geschäftspartner Wilhelm Loeschigk stirbt in Bonn |
1888 |
Er veröffentlicht in Berlin seinen Katalog
"Gemäldesammlung
von Otto Wesendonck" |
1889 |
Er nimmt zu dem Kunsthistoriker Carl Justi wegen seiner Gemäldesammlung Kontakt auf (Übersendung Kataloge)
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18.11.1896 |
Nach langer Krankheit verstirbt er in Berlin (Beisetzung auf dem Alten Friedhof in Bonn) |
Nachruf von Hans von Wolzogen in Bayreuther Blätter 1897, S. 55 ... Jetzt, da wir den in Berlin, Mitte November, eingetretenen Tod des 82jährigen Greises erfahren haben, belebt sich uns Anhängern und Verehrern des Künstlers und des Menschen Wagner neu das Bild jener künstlerisch so großen Zeit, und eben darin hervorleuchtend das Bild des Hauses Wesendonk, zu dankbarlich bewegter Erinnerung! - was gerade in jener Periode dem Meister das Notwendigste und Wohltätigste war, in ganz Zürich bot ihm dies nur jenes Haus auf wahrhaft vornehme Weise dar. Hier waren Menschen, die liebend zu verstehen wußten. ... Es ward hier ein Beispiel gegeben von der seltenen Art, deren Wert gewissermaßen sich gerade darin bekundet, daß es so gar wenig nachahmung findet - finden k a n n ! - ... Quelle: Wolfgang Golther: Zur Einführung. In: Briefe Richard Wagners an Otto Wesendonk. 1852 - 1870. Berlin 1905 |
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In der wohlgesinnten Wagner-Kritik wird er als
das lebende Vorbild für Pogner in Wagners Meistersinger
angesehen; in der weniger freundlich eingestellten als Hunding
in der Walküre oder als König Mark in
Tristan und Isolde. |
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1897 |
Erstveröffentlichung der Briefe Richard
Wagners an Otto Wesendonck in der "Allgemeinen Musikzeitung"
mit Erläuterungen von Albert
Heintz |
1899 |
Mathilde Wesendonck überläßt
einen Teil der Gemäldesammlung dem Verein Berliner Künstler zu Ausstellungszwecken |
ab 1902 |
1902 machten die Erben (Karl
von Wesendonk und Friedrich Wilhelm von Bissing) die Sammlung
öffentlich zugänglich. 1909 kam für die Gemäldegalerie
zum großen Teil die Sammlung des Ehepaares Otto und Mathilde
Wesendonck ein Erweiterungsbau, der heutige Altbau",
hinzu. Sammlungen (B) und Kataloge (K) des RLMB Quelle: Rheinisches Landesmuseum Bonn. Bd. 1. Archivalien im Archiv des Landschaftsverband Rheinland. 1820 - ca. 1954 |
Weiter zur gemeinsamen Biografie
Metallreliefporträt von Richard Wagner
Einband: Wendelin
Weißheimer:
Erlebnisse mit Richard Wagner, Franz Liszt und vielen anderen Zeitgenossen.
Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart und Leipzig 1898
Links
Otto
Wesendonck (Wikipedia)
Briefwechsel
Wagner - Wesendonck